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Autorenbildchristinerex7

Über den Polarkreis Richtung Süden


Für uns begann dieser Sommer am 21. Juli in Hammerfest mit unserer Rückkehr aus Spitzbergen. Wir geniessen nun die Temperaturen um 20 Grad und die Heizung ist ausgeschaltet. Die Tür und Luken stehen meist auf. Die Sonne wärmt. Die Merinounterwäsche haben wir gegen normale T-Shirts getauscht. Christine schwimmt wieder um die Aegir, sofern die Buchten nicht von Quallen belagert werden. Und unsere Sinne werden durch intensive Farben und Seegerüche neu aktiviert. Wir haben das Festland Norwegens fast noch im Winter verlassen und nun ist alles grün.

Eine eindrückliche Wanderung auf Arnoya (Årvik) führt uns zu Moltebeeren. Wir finden einen riesigen Birkenpilz für ein feines Omelette. Wir kraxeln über Felsen und geniessen diese Sommerstimmung sowie auch die zunehmende Abendstimmung. Wir legen in kleinen Häfen (Årvik, Laukvik) an und schlendern in die Mini-Supermärkte. Hier bekommen wir ein paar Äpfel und frische Milch, sonst haben wir noch so viel Proviant an Bord, dass wir keine grossen Einkäufe machen müssen.

Ein Highlight ist der Besuch auf der Insel Lille Langøya bei Babara - einer neuen Bekannten - ehemals Seglerin. Wir geniessen das Essen, die Gespräche und die Vertrautheit. Wir nutzen das absolute Traumwetter wieder für eine Wanderung und Beerensuche. Wir unternehmen zwei Tauchgänge, um unsere Ausrüstung anzuwenden und Erfahrungen zu sammeln. Tauchen ist noch lange keine Routine für uns, aber eine Spur Sicherheit und mehr Freude als Stress sind beim zweiten Mal bereits vorhanden. Als Nebeneffekt sehen wir den starken Bewuchs am Rumpf der Aegir. Ein neues Projekt. Nun heisst es erst einmal einen Tauchshop finden zum Befüllen der Flaschen.

Unser Ziel wird Ballstad sein. Bis dahin tingeln wir noch durch eine wundervolle Schärenlandschaft, sammeln viele Beeren, fahren mit 9 kt durch den Gimsøystraumen und navigieren uns vorsichtig in den Hafen von Ballstad an ein paar Untiefen vorbei. Der Hafenmeister empfängt uns ausserordentlich herzlich - hier bleiben wir doch gerne. Die Tauchflaschen können wir füllen und erste Reinigungsarbeiten am Rumpf erledigen wir vom Steg mit langen Besen und Wischern. Die kleinen Pocken an der Wasserlinie sind wir schon einmal los. Nach der Arbeit kommt das Vergnügen! Uns lockt der “Hausberg” von Ballstad. Wir gehen wieder wandern. Netterweise erhalten wir auch noch “Segler/in-Besuch” von Christine & Christian (www.alpenwerft.de ). Ihre Reise geht jetzt gen Norden, wie bei uns vor einem Jahr.

Wir beobachten das Wetter im Süden und haben es aktuell gar nicht so eilig. Aber ein Windfenster aus Nordost lässt uns weiterziehen und wir verabschieden uns von den Lofoten. Myken und Traena sind Ziele am Polarkreis, die wir nun ansteuern werden.

Mit ordentlichem Wind segeln wir zügig über den Vestfjorden. Wir freuen uns über die gute Geschwindigkeit, die Aegir macht. So wird das Unterwasserschiff ordentlich durchgewirbelt. Nach 9 Monaten in arktischen Gewässern überquert die SY Aegir erneut den Polarkreis - dieses Mal in Richtung Süden

Die Temperaturen um 24 Grad sind etwas auffällig. Der Luftdruck ist auch gesunken und prompt kommt ein Gewitter näher. Wir reffen die Segel rechtzeitig und geben mit Motorunterstützung etwas Gas. Die Front zieht hinter uns lang. Wir hören allerdings einen Notruf über Funk von einer Kenterung und Menschen im Wasser. Wir sind zu weit weg, aber Fischer sind in der Nähe. Es wird intensiv auf Norwegisch gefunkt und wir hören heraus, dass vier Menschen gerettet wurden.

Vor Myken nimmt der Wind und auch Welle noch einmal zu und Gregor steuert hoch konzentriert durch die schmale Einfahrt. Im Naturhafen haben wir dann sofort ruhiges Wasser und ein grosszügiges Becken. Die Anspannung fällt ab. Der Anker fällt nach 90 intensiveren Seemeilen und wir gönnen uns erst einmal ein Bierchen an diesem tollen Ankerplatz. Wir besichtigen die Myken Whiskey-Destillerie (und probiert haben wir auch...).


Wir grillen und essen an Deck - es ist Sommer in Nordnorwegen! Vom Sturmtief "Hans", welches vor allem Südnorwegen viel Wind und massive Regenfälle bringt, bekommen wir hier nur Nachrichten mit. Bei Traena ankern wir an einer traumhaften Stelle, umrundet von kleinen Inseln (Danke Baptiste von der SY Sailer & Lula für diesen Tipp!). Wir gehen tauchen, ohne Jakobsmuscheln zu finden, sind aber sehr zufrieden mit unseren Fortschritten beim Tauchen. Es ist eine riesige Materialschlacht beim Tauchen und es gibt noch Verbesserungspotential beim Handling des schweren Materials. Zum Glück haben wir selber Gewicht abgenommen und brauchen weniger Blei.

Alleine vor Anker, umzingelt von Mini-Inseln, geniessen wir diese Schärenlandschaft sehr. Auf der Insel Lovund machen wir eine wunderschöne Wanderung auf den Lovundfjellet. Die Berge in Norwegen zeichnen sich durch Schroffheit aus. Ausgesetzte Grashänge, lose Steine gehören hier zum Programm. Dieser Berg ist vorbildlich mit Ketten gesichert. Die Norweger selber sind hier auf jeden Fall geübt, wie man am leichten Schuhwerk sieht. Wir sind froh um unsere stabilen Bergschuhe und Stöcke, vor allem für den Abstieg. Der Ausblick von oben ist traumhaft. Wir können die vielen Inselchen gar nicht alle zählen. Eine kurze Abkühlung im Wasser am einsamen Sandstrand und eine Preiselbeer-Ernte runden den Tag wunderbar ab.

Wir nutzen schlechteres Wetter für Schiffsputz, Wäsche, Backen, Vorkochen und eine vorausschauende Planung für unsere Zeit zurück in den Niederlanden, Deutschland und der Schweiz. Anschliessend nutzen wir den Nordwind und segeln eine grössere Etappe gen Süd-Norwegen. So erreichen wir nach 400 sm die Insel Fedje, nördlich von Bergen. Hier bleiben wir, lassen den Südwind vorbei ziehen und freuen uns auf die Erkundung der kleinen flachen Insel. Ausserdem beschäftigen wir uns mit unserer nächsten Etappe: Machen wir einen Abstecher nach Schweden? Fahren wir durch den Grossen Belt von Dänemark? Nehmen wir den Nord-Ostseekanal und bringen die Aegir endlich mal nach Hamburg? Mal sehen...

P.S.: Angelglück hatten wir dann auch noch :=)

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